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Patentverletzung

Eine etwaige Patentverletzung stellt alle Beteiligten häufig vor schwierige rechtliche und damit in Wechselwirkung stehend ebenso schwierige technische Problemstellungen.

Abmahnung, einstweiliges Verfügungsverfahren, Patentverletzungsklage

Der Inhaber eines eingetragenen Patentes oder eines Gebrauchsmusters kann ein Bündel von Ansprüchen gegen Dritte geltend machen, die in identischer oder äquivalenter Form von der geschützten Lehre Gebrauch machen. Dabei kommen in erster Linie nach aussergerichtlichen Möglichkeiten die Patentverletzung zu verfolgen, eine Patentverletzungsklage, eine einstweilige Verfügung wegen Patentverletzung sowie flankierend ggfs ein Strafverfahren in Betracht. Der angebliche Patentverletzer kann in den jeweiligen Verfahren agieren sowie zusätzliche Verfahren mitunter selbst anstrengen, wie z.B. ein Patentnichtigkeitsverfahren oder selbst Klage auf Festellung der Nichtverletzung erheben.

Ein Patentverletzungsverfahren beginnt äusserlich häufig mit einer Berechtigungsanfrage wegen möglicher Patentverletzung/ Gebrauchsmusterverletzung oder einer entsprechenden Abmahnung. Während einstweilige Verfügungsverfahren in besonderen Situationen (z.B. Messen) häufiger vorkommen, sind solche wegen einer Patentverletzung schon wegen der schwierigen technischen Fragen im allgemeinen im Vergleich mit einer Patentverletzungsklage eher selten. Doch auch Patentverletzungsklagen stellen schon im Lichte des hohen Kostenrisikos allenfalls die Spitze des Eisberges an Patentverletzungsfällen und gehen zudem häufig ohne Urteil sondern vergleichsweise aus.

Innerhalb des Portfoliomanagements von Patentportfolios werden Patentverletzungen - ohne äusserlich sichtbare Massnahme - zunächst summarisch so geprüft, dass durch eine Merkmalsanalyse des Patentes zu prüfen ist, ob der Gegenstand/ das Verfahren patentverletzend ausfällt.

Angegriffene können neben den üblichen Verteidigungsmitteln auch das Patent selbst mit einem Patentnichtigkeitsverfahren in Frage stellen.

Feststellung einer Patentverletzung/ einer Gebrauchsmusterverletzung

Ausgangspunkt der Frage, ob eine Patentverletzung vorliegt, bildet in Deutschland § 9 PatG: Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

  • ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
  • ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung anzubieten;
  • das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.

Mit Hilfe der Merkmalsanalyse des Patentes bzw. der Patentansprüche erfolgt die Prüfung, ob eine Patentverletzung/ Gebrauchsmusterverletzung vorliegt. Durch die Merkmalsanalyse wird auch der Schutzumfang des Patentes in seinen Einzelmerkmalen beschrieben. Daneben sind zur Bestimmung des Schutzumfanges jedoch auch die Aufgabe, die Wirkung, die Vorteil sowie der Stand der Technik zu berücksichtigen.

Sodann kann es sich bei der Verletzung um eine identische Patentverletzung, eine quasi-identische Patentverletzung, eine technisch äquivalente Patentverletzung (gleiche Funktion), eine patentbezogene äquivalente Patentverletzung (gleiche Funtionswertigkeit) oder auch eine mittelbare Patentverletzung handeln. Die Feststellungen hierzu im Einzelfall sind häufig vor allem dann schwieriger, wenn es sich um äquivalente oder mittelbare Verletzungen handelt.

Berechtigungsanfrage gegenüber dem Patentverletzer bei einer Patentverletzung

Statt einen Patentverletzungsfall mit einer Abmahnung zu beginnen, empfiehlt sich von Fall zu Fall eine Berechtigungsanfrage. Diese stellt ein deutlich milderes Mittel als die Abmahnung dar. Hier wird potentielle Patentverletzer auf den zu beanstandenden Sachverhalt und die eigenen Schutzrechte hingewiesen, aber nur angefragt, weshalb die er meint, zu diesen Handlungen berechtigt zu sein.

Eine “unberechtigte” Berechtigungsanfrage löst anders als eine unberechtigte Abmahnung für den Patentinhaber und Anfragenden grds keine Kostenfolge aus. Ferner erhält der Patentverletzer die Möglichkeit, sehr frühzeitig Stellung zu beziehen und das eventuelle Verletzungsverfahren zu vermeiden.

Nachteilig an einer Berechtigungsanfrage wegen Verletzung eines Patentes sind die nach aussen tretenden Kenntnisse von der Verletzung, die u.a. für den Verjährungsbeginn und Fragen der Dringlichkeit von Bedeutung sind. Kommt es zu keiner Einigung muss mitunter sehr kurzfristig abgemahnt und gerichtliche Hilfe beansprucht werden.

Abmahnung wegen Patentverletzung

Mit der Abmahnung wird der Patentverletzer auf den beanstandeten Sachverhalt und auf den bestehenden Patentschutz hingewiesen. Dabei wird typischerweise für die Vergangenheit Schadensersatz und für die Zukunft Lizenz oder Unterlassung verlangt. Geht der Gegner darauf ein, ist ein Verletzungsprozess vermieden und das gewünschte Ergebnis erreicht worden. War die Abmahnung nicht erfolgreich, bleibt die Patentverletzungsklage.

Patentverletzungsklage/ Gebrauchsmusterverletzungsverfahren

Eine Schutzrechtsverletzung kann in erster Linie auf zivilrechtlichem Wege verfolgt werden, das heisst, es wird Patentverletzungsklage vor den Patentstreitkammern der Landgerichte (§ 140 b PatG) erhoben.

Wegen des Anwaltszwanges im gerichtlichen Verfahren müssen Sie spätestens jetzt einen Rechtsanwalt einbeziehen. Im Patentverletzungsverfahren werden zumindest die folgenden Ansprüche geltend gemacht:

  • Unterlassungsanspruch (§ 139 PatG)
  • Beseitigungsanspruch (Vernichtungsanspruch) (§ 140 a PatG)
  • vermögensrechtliche Ansprüche (§ 139 Abs. 2 PatG)/ Schadesersatz
  • Auskunft (§ 140 b PatG)

Am Ende des Prozesses trägt in der Regel der Unterliegende die Kosten.

Wenn ein Patentinhaber einen gerichtlichen Prozess wegen Patentverletzung anstrengt, so kann dies eine Vielzahl an Gründen neben der Patentverletzung als solcher aufweisen. Es muss dem Patentinhaber nicht zwingend um die Verhinderung der Verletzung gehen; mitunter können auch finanzielle Interessen den Leitgedanken bilden.

Patentverletzungsverfahren sind in Deutschland im internationalen Vergleich günstig, Die Anwalts- und Gerichtskosten orientieren sich am Streitwert. So verursacht ein erstinstanzliches Verfahren Gesamtkosten ab ca. 15000 EUR bis zu ca. 45000 EUR (Kostenschätzungen gelten bei typischen Streitwerten). Das ist europaweit der günstigste Wert.

Zudem haben die “grossen” Patentgerichte, also beginnend mit den Landgerichten in Düsseldorf, München und Mannheim sich auch international einen überdurchschnittlich guten Ruf für zügige und verlässliche Entscheidungen erarbeitet.

Dabei wird der typische Patentverletzungsprozess vor Gericht keineswegs mit einem Urteil beendet oder gar über mehrere Instanzen geführt. Ausschlaggebend für das vorzeitige Ende eines Patentverletzungsverfahrens sind die nachfolgenden Gründe:

  • Höhe des Gegenstandswertes: Setzt das Verletzungsgericht einen hohen Streitwert an, steigen die Kosten für das Unternehmen, das den Prozess verliert zum Teil deutlich an. Ein außergerichtlicher Vergleich wird somit attraktiver. Allerdings sind die Gerichtskosten im Vergleich zu den Anwaltskosten eher gering. Es überrascht daher nicht, dass dieser Effekt zwar statistisch signifikant, aber relativ klein ist.
     
  • Vorprozessual eingereichte Nichtigkeitsklage: Ein weiterer Faktor, der zum Prozessabbruch führen kann, ist die Möglichkeit für den beklagten Patentverletzer, eine Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht anzustrengen. Eine erfolgreiche Klage würde das Patent des Patentinhabers gefährden. Das Risiko, dass das Patent zum Teil oder schlimmstenfalls sogar zur Gänze für nichtig erklärt wird, kann den Kläger dazu veranlassen, einen Vergleich im laufenden Prozess in Betracht zu ziehen.
     
  • Sachverständigengutachten: Das dritte Ereignis schließlich, das zum vorzeitigen Prozessende führen kann, ist die Hinzuziehung externer Sachverständiger durch den Richter. Die Anhörung der Experten führt dazu, dass sich die Informationsstände von Kläger und Beklagtem aneinander angleichen und somit auch ihre Erwartungen hinsichtlich des Prozessausgangs. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Vergleichs um beachtliche zehn Prozent.
     

Über die Instanzen und bei ebenfalls geführtem Patentnichtigkeitsverfahren sind Patentverletzungsverfahren  - erst recht mit Sachverständigengutachten - für deutsche Verhältnisse jenseits des internationalen Vergleiches dennoch kostenintensiv

Einstweiliges Verfügungsverfahren bei Patentverletzung

Ein Klageverfahren kann oft einige Zeit in Anspruch nehmen. Wenn Eilbedürftigkeit vorliegt, bietet eine einstweilige Verfügung vorläufigen Rechtsschutz. Mit einer einstweiligen Verfügung kann dem Patentverletzer bei Androhung eines Ordnungsgeldes oder Ordnungshaft untersagt werden, die kopierten oder gefälschten Produkte weiterhin anzubieten. Für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist in der Regel das Gericht der Hauptsache zuständig, hier also die Patentstreitkammern der Landgerichte. Die einstweilige Verfügung kann u.U ohne Anhörung der Gegenseite erlassen werden. Erweist sich eine einstweilige Verfügung als ungerechtfertigt, so kann der Gegner gegen den Antragsteller einen Schadensersatzanspruch geltend machen.

Eine von einer einstweiligen Verfügung bedrohte Partei kann vorbeugend eine Schutzschrift hinterlegen. Damit kann verhindert werden, dass eine einstweilige Verfügung ohne vorherige Anhörung der Gegenpartei erlassen wird.

Tatsächlich kommen einstweilige Verfügungsverfahren bei einer Gebrauchsmusterverletzung oder einer Patentverletzung vor allem in relativ eindeutigen Fällen, bei technisch einfachen Sachverhalten oder anlässlich besonderer Umstände (z.B. Messen) in Betracht.

Strafverfahren bei Patentverletzung

Eine vorsätzliche Schutzrechtsverletzung ist strafbar (§ 142 PatG) und wird auf Antrag verfogt.

Grundsätzlich besteht dann die Möglichkeit, einen Strafantrag gemäß § 142 Abs. 4 PatG zu stellen. Antragsberechtigt sind Inhaber des verletzten Patentrechts oder der ausschließliche Lizenznehmer. Der Strafantrag ist beim Amtsgericht innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Kenntnisnahme der Straftat zu stellen (§ 77b StGB).

Bei den diversen Staatsanwaltschaften haben sich häufig Sonderzuständigkeiten für Patentrechtsverletzungen gebildet. Auch zu Beweiszwecken im Zivilverfahren kann ein Strafverfahren förderlich sein.

Bei der Verteidigung gegen ein Strafverfahren kommen ebenfalls besondere Verfahrensarten, wie zB ein Patentnichtigkeitsverfahren, in Betracht.

 

 

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