ArbeitnehmererfinderrechtDas Arbeitnehmererfinderrecht regelt die Rechte und Pflichten im Umgang mit Erfindungen, die ein Arbeitnehmer während seines Beschäftigungsverhältnisses macht. Es basiert in Deutschland auf dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG). Hier ist eine detaillierte Betrachtung aus Sicht des Arbeitgebers und Arbeitnehmers sowie Beispiele und Verfahrensweisen:
1. Verfahren aus Sicht des ArbeitgebersPflichten des Arbeitgebers- Meldung prüfen: Wenn ein Arbeitnehmer eine Erfindung meldet, muss der Arbeitgeber diese prüfen, ob sie tatsächlich schutzfähig ist.
- Inanspruchnahme: Der Arbeitgeber kann die Erfindung innerhalb von vier Monaten nach Meldung durch den Arbeitnehmer in Anspruch nehmen (ganz oder teilweise). Schweigen des Arbeitgebers innerhalb dieser Frist gilt als Inanspruchnahme.
- Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Erfindung beim Patentamt anzumelden, sofern sie in Anspruch genommen wurde.
- Vergütungspflicht: Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer eine angemessene Vergütung zahlen, die sich nach der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung richtet.
Rechte des Arbeitgebers- Verwertung der Erfindung: Nach der Inanspruchnahme hat der Arbeitgeber das alleinige Nutzungs- und Verwertungsrecht.
- Freigabe: Der Arbeitgeber kann sich entscheiden, die Erfindung freizugeben, falls er kein wirtschaftliches Interesse hat.
2. Verfahren aus Sicht des ArbeitnehmersPflichten des Arbeitnehmers- Meldepflicht: Der Arbeitnehmer muss jede Erfindung, die im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit entsteht, dem Arbeitgeber melden. Die Meldung muss schriftlich und vollständig sein.
- Wahrung der Geheimhaltung: Der Arbeitnehmer darf die Erfindung nicht ohne Zustimmung des Arbeitgebers veröffentlichen, solange diese noch nicht freigegeben ist.
Rechte des Arbeitnehmers- Vergütung: Anspruch auf eine angemessene Erfindervergütung, die abhängig ist von:
- Nutzwert der Erfindung
- Beteiligung des Arbeitnehmers (z. B. durch Kreativität, Arbeitszeit)
- Verwertungserfolg (Lizenzgebühren, Gewinne des Arbeitgebers).
- Freigabeanspruch: Sollte der Arbeitgeber die Erfindung nicht in Anspruch nehmen, kann der Arbeitnehmer diese selbst verwerten.
3. Beispiele für Erfindervergütungen- Lizenzmodell: Der Arbeitnehmer erhält einen Prozentsatz des Umsatzes oder Gewinns, den der Arbeitgeber durch die Verwertung der Erfindung erzielt (häufig zwischen 2 % und 10 %).
- Pauschalvergütung: Eine einmalige Zahlung, z. B. für eine nicht-marktfähige, aber technisch bedeutsame Erfindung.
- Kombination aus Pauschale und Beteiligung: Häufig bei Erfindungen mit unsicherem wirtschaftlichem Erfolg.
Beispiel: - Eine Maschine, die den Produktionsprozess beschleunigt, führt zu einem jährlichen Gewinn von 1 Million €. Die Erfindervergütung beträgt 5 % des Gewinns, also 50.000 € pro Jahr.
4. Rechtsmittel bei StreitigkeitenSchiedsverfahrenDas ArbEG sieht eine Möglichkeit vor, Streitigkeiten vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zu klären. Vorteile: - Kostenersparnis im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren.
- Kompetenz: Experten für Patentrecht beurteilen die Sachlage.
Ordentliche GerichteFalls das Schiedsverfahren keine Einigung bringt, kann der Streit vor einem Landgericht (z. B. für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis) oder einem Patentgericht ausgetragen werden. Rechtsmittel- Berufung: Gegen Urteile kann Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt werden.
- Revision: In seltenen Fällen kann eine Revision vor dem Bundesgerichtshof möglich sein.
5. Alternative VerhaltensweisenAus Sicht des Arbeitgebers- Förderung von Innovationen: Einführung eines internen Innovationsmanagements mit klaren Vergütungsrichtlinien.
- Frühe Kommunikation: Arbeitnehmer frühzeitig über Vergütungsmodelle informieren.
- Freigabe statt Inanspruchnahme: Wenn die Erfindung nicht in das Portfolio passt, kann sie dem Arbeitnehmer zur eigenen Verwertung überlassen werden.
Aus Sicht des Arbeitnehmers- Kooperative Kommunikation: Die Interessen des Arbeitgebers verstehen und eine faire Lösung suchen.
- Patentrechtsberatung: Bei Unklarheiten oder Streitigkeiten einen Patentanwalt hinzuziehen.
- Freigabe fordern: Sollte der Arbeitgeber die Erfindung nicht nutzen, kann der Arbeitnehmer sie für eigene Zwecke patentieren lassen.
Dieses strukturierte Vorgehen fördert eine faire und produktive Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Verwertung von Erfindungen. |